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Kletterklassiker am Salbit

Mein liebes Kind, es ist Zeit ins Bett zu gehen. Da dein Vater noch in den Bergen ist, werde ich dir heute eine Gute-Nacht-Geschichte erzählen. Vor vielen vielen Jahren, als in den Wintern noch viel Schnee lag und im Sommer das Gras grün in der Sonne leuchtete, da machte sich der gute Max mit seinem Freund Franz bereit für ein Abenteuer. Schwer bepackt mit Seilen, Schnüren, Haken, Hammern, gewandet in schweren Lodenhosen stiegen sie auf. Ihr Ziel lag in den Urner Alpen, sie wollten zum schönen Salbitschijen und dort ihre eigenen Wege finden. So stiegen sie nach einem langen Arbeitstag mit ihren schweren Rucksäcken zur schönen Salbithütte auf. Damals noch eine kleine Berghütte mit wenig Komfort und noch weniger Platz in den Schlafkojen. Sicher genossen sie aber auch damals schon eine leckere Suppe vor der Hütte im Abendlicht. Am nächsten Morgen war der Tag ihres Abenteuers gekommen: Noch im Dunkeln stiegen sie auf zur ausgekundschafteten Schwachstelle in dieser abweisenden, steilen Ostwand. Die ersten Meter, ja die ersten Seillängen, ging es noch leicht und unter einem grossen Block hindurch. Je näher sie den Zwillingstürmen kamen, desto steiler und ausgesetzter wurde die Kletterei. War der Durchstieg möglich? Ein wahres Abenteuer. Mit schmerzenden Füssen, verschrammten Händen erreichten sie den Grat. Nur einmal noch Abseilen, drei kurze Längen weiterklettern und schon standen sie unter der Gipfelnadel. Ob damals dort schon ein Schlaghaken steckte? Oder ob gar Max ihn schlug? Vielleicht mussten sie auch schnell Absteigen, da die Tage im Mai genauso kurz sind wie jetzt im September. Vielleicht musste Max auch schnell nach Hause zu seinen Kindern. Das mein liebes Kind, weiss ich leider nicht. Aber eines kann ich dir sagen: wenn dein Papa noch nicht am Auto ist, dann steigt er vermutlich noch ab...

Tour: "Niedermann (6a)". Erstbegehung Mai 1956 durch Max Niedermann und Franz Anderrüthi. Teilnehmer: A. Troitzsch, D. Tschanz, T. Wigger, T. Jack
Begehungszeit: 14:45 h (bis zum Auto im Tal)"